Besichtigungsfahrt nach Ruderting

Nur Wenige fühlten sich berufen als Abordnung der Malchinger Dorferneuerung nach Ruderting zu fahren und sich über den Verlauf der dortigen Maßnahme ein Bild zu machen.

Bürgermeister Josef Schätzl sagt aber von sich und seiner Verwaltung, dass man sich als Dienstleister am Bürger sieht. Man versucht jedem Anfragenden irgendwie weiter zu helfen, unabhängig von der Anzahl.

Bürgermeister Schätzl ist seit nunmehr 23 Jahren im Amt der 3000-Seelen Gemeinde, die sich wirtschaftlich durch den Elektro-Großhändler Praml auszeichnet. Verkehrstechnisch hatte Ruderting mit demselben Problem wie Malching zu kämpfen, bedingt durch die B85 mitten durch den Ort (bis zu 12000 Fahrzeuge/Tag).

Die Dorferneuerung lief deswegen auch von 1992 bis 1996 und wurde dann vorerst beendet, da sich die Ortsumgehung immer weiter verzögerte. Erst nach der Auslagerung der Verkehrsader wurde das Verfahren zur Dorferneuerung 1999 wieder eröffnet und bis 2004 dann beendet.

Baulich gab es natürlich den Schwerpunkt Rückbau der Durchfahrtsstraße,  d.h. die Fahrbahn wieder zu verengen. Hier wurde viel mit einem befahrbaren Bürgersteig, der sogenannten Homburger Kante, gearbeitet. Gleichzeitig war es Bürgermeister Schätzl wichtig, den ‚Teersee‘ wieder aufzubrechen und grüne Flächen und Punkte am Straßenrand zu schaffen, was recht gut gelungen ist.

Ein weiterer Leitsatz war ’Keine Zäune‘. Dieser Satz bedurfte vieler Überredungskünste. Während andere Dörfer den schönsten Zaun prämieren, wurde in Ruderting Weite und Freiraum geschaffen. Man habe auch Gelegenheiten beim Schopf gepackt, so Bürgermeister Schätzl. Zum Beispiel als Gelder für eine Maßnahme zur Bausanierung zur Verfügung standen, wurde kurzerhand ein altes Gebäude neben Kirche und Rathaus zum Pfarrgemeindezentrum renoviert.

Besonderen Wert legt man in der Gemeinde auf die Wirtshauskultur. So gibt es in Ruderting noch 8 Wirtshäuser, die im Schwerpunkt verschiedene Bereiche abdecken (Kneipe, Grieche, große Feste, tägl. warme Küche) ohne sich in der jeweiligen Nische Konkurrenz zu machen. Vereinslokale wurden dabei konsequent vermieden, um die Wirtshäuser zu erhalten. Auch der große Edeka-Lebensmittelmarkt wurde bewusst im Ort verwirklicht, so dass er auch zu Fuß zu erreichen ist.

Ebenso wurde in punkto Entwicklung der Dorfgemeinschaft viel unternommen. Es gab drei Arbeitskreise. Allerdings war ein Hauptpfeiler der Arbeitskreis Zukunft, der insgesamt aus etwa 50 Personen bestand. Der AK Zukunft war der Raum für Visionen, das Denkzentrum und der Motor der Dorfentwicklung. Gegner und Kritiker wurden, soweit möglich und willens, mit eingebunden. Der AK war eine parteineutrale Zone der Visionäre, der auch viel praktische Umsetzung zu Wege brachte.

Das Leitbild haben die Rudertinger mehrfach und für Zeitabschnitte erstellt. So läuft es nun bis 2016 und wird dann wieder überarbeitet und neu aufgestellt. Von Version zu Version wird auch bei der Beschreibung der Ziele weiter in die Tiefe gegangen. Das Leitbild diente für die Ausrichtung der Dorfentscheidungen als Richtschnur des Handelns.

Wie jede Bewegung braucht auch die Dorferneuerung einen Motor, einen ’Kümmerer‘. Im Falle Ruderting war dieser Bürgermeister Schätzl über viele Jahre. Er hat die Prozesse angetrieben, gelenkt und geformt.

Die Kosten des Verfahrens bezifferte er insgesamt mit 2,2 Mio €. Ursprünglich war 1 Mio DM geplant gewesen.

Bei einem Rundgang im Straßendorf Ruderting konnten sich die Malchinger vor Ort von den getroffenen Maßnahmen ein Bild machen (Bildergalerie). Auch bezüglich der Planerauswahl konnte man weitere Erkenntnisse gewinnen.

So war das Fazit der Fahrt nach Ruderting: Es war es wert gewesen, sich die Zeit für den Besuch zu nehmen.

 

(Text u. Fotos: Robert Friedl)

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